Hessischer Landesbetrieb - mit Billigangebot Ausschreibung gewonnen
VUP meldet wettbewerbsrechtliche Bedenken an und fordert zur Rückgabe des Auftrages auf
Nach einiger Zeit der Ruhe ist es jetzt in Hessen aufgrund des Wettbewerbsverhaltens eines staatlich getragenen Unternehmens erneut zu Unruhe innerhalb der Branche der Dienstleistungslaboratorien gekommen. Ausschlaggebend ist ein Angebot des Landesbetriebs Hessisches Landeslabor (LHL) in Kassel zu routinemäßigen Bodenuntersuchungen über 3 Jahre für einen südhessischen Trinkwasserzweckverband.
"Wir mussten an den billigsten Bieter vergeben und kamen so aufgrund vergaberechtlicher Vorgaben nicht umhin, das LHL zu beauftragen", bestätigte der Zweckverband auf Anfrage des Deutschen Verbandes Unabhängiger Prüflaboratorien (VUP).
Wiederholt hatte der VUP in der Vergangenheit das Wettbewerbsverhalten der staatlichen Laboratorien in den Landwirtschafts- und Umweltbereichen des Landes Hessen beanstandet - Einrichtungen die 2005 zu dem jetzigen Landesbetrieb zusammengefasst wurden. Resultierend aus diesen Beschwerden und einer Anfrage des VUP wies das übergeordnete Fachministerium im November 2000 dazu eindeutig an:
"Bei Aufträgen für Dritte hat die HLVA (Anm.: Hessische Landwirtschaftliche Versuchsanstalt) zu beachten, dass die Wettbewerbsmöglichkeiten durch die Höhe der veranlagten Entgelte nicht unlauter beeinträchtigt werden.“ (VIII3-82 a 00-6019/00 vom 14.11.2000)
Diese Anweisung ist dem damaligen Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten sicherlich nicht schwer gefallen, den die Rechtslage erscheint schon seit Jahrzehnten eindeutig: Nach § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) kann, wer in geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden.
"Die Unlauterkeit liegt in dem vorliegenden Fall darin, dass öffentliche Mittel entgegen ihrer Zweckbestimmung dazu verwendet werden, die Preise der Gewerbetreibenden zu unterbieten, die diese Mittel durch ihre Steuern aufgebracht haben, und dass damit die Verlustgefahr des Betriebes auf die Steuerzahler abgewälzt wird", urteilten deutsche Gerichte in vergleichbaren Fällen. (RG 138, 174/178; BGH GR 82, 433, 436; Ulmer ZHR 146 (82), 466/488 ff.; MinWirtschaft NRW 412-75-52, 82/94 vom 08.07.1994)
Darauf hingewiesen und auf das erneute Billigangebot angesprochen argumentiert das LHL: "Wir haben uns bei unserem Angebot doch an den Marktpreisen orientiert" und gesteht damit nach Einschätzung des VUP indirekt ein, Preise nicht - wie in der Privatwirtschaft unabdingbar - auf der Basis einer eigene Kostenrechnung zu kalkulieren. "Eine derartige Begründung kann einen Steuerzahler schon zur Weißglut bringen", kommentiert
Sven Deeg, Geschäftsführer des Branchenverbandes. Wenn nicht die Wirtschaftlichkeit sondern lediglich das Gewinnen von Ausschreibungen maßgeblich für die Preiskalkulation sei, werde doch letztendlich alleine der Steuerzahler für defizitäres Wirtschaften der staatlichen Mitbewerber zur Kasse gebeten.
Der VUP hat den Landesbetrieb aufgefordert, das Billigangebot umgehend zurückzuziehen und den erteilten Auftrag zurückzugeben.