Kalibrierlaboratorien gründen Unternehmerkreis im VUP
"Professionelle Lobbyarbeit dringend erforderlich" - Jürgen Hinn (testo GmbH, Essen) als kommissarischer Vorsitzender gewählt
Eine Interessenvertretung für die in Deutschland niedergelassenen Kalibrierlaboratorien haben Unternehmer am 23.09.2010 in Gießen initiiert. Unwidersprochen wird von diesen die Notwendigkeit einer professionellen Lobbyarbeit gesehen, die es nach deren Auffassung für ihre Branche gegenwärtig in Deutschland nicht gäbe. Daher galt es zunächst für diese Aufgabe eine geeignete Organisation zu finden.
Bereits im Vorfeld der Gründungsversammlung gab es hierzu Gespräche einzelner Unternehmer. Es sei sicherlich sinnvoll die Interessenvertretung der Kalibrierlaboratorien an eine bereits bestehende Einrichtung anzubinden, anstelle einen weiteren neuen Verband zu gründen, waren die Überlegungen der Initiatoren anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Labordienstleistungsbranche im Juni 2010 (VUP-Info
10.063).
Das Ansinnen hatte damals auch Diskussionen innerhalb der Gremien des Deutschen Kalibrierdienstes (DKD) ausgelöst. Vereinzelt wurden Erwartungen vorgetragen, dass sich die in die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) übergegangenen DKD-Beiräte zukünftig auch der Funktion einer wirtschaftspolitischen Interessenvertretung annehmen sollten.
Die DAkkS hingegen sieht sich hierzu keinesfalls in der Lage: „Die Vertretung wirtschaftspolitischer Interessen einzelner Branchen entspricht nicht den hoheitlichen Aufgaben der DAkkS als nationale Akkreditierungsstelle. Die DAkkS ist unparteilich und im Rahmen von Akkreditierungsverfahren alleine für die Kompetenzfeststellung und Überwachung der Konformitätsbewertungsstellen nach internationalen Normen, u. a. auch der DIN EN ISO/IEC 17025 zuständig“, stellt Dr. Thomas Facklam, Geschäftsführer der DAkkS, unmissverständlich klar.
Auch an den Deutschen Verband Unabhängiger Prüflaboratorien (VUP), der als die bei der Bundesregierung akkreditierte Vertretung bisher die Interessen der nahe verwandten Branche der chemischen, biologischen und physikalischen Dienstleistungslaboratorien in Deutschland wahrnimmt, war man mit diesem Anliegen herangetreten. Schon in diesen Vorgesprächen kristallisierten sich viele gemeinsame Anliegen heraus. Auffällig ist auch, dass die Branche der Kalibrierlaboratorien sich heute mit Marktproblemen konfrontiert sieht, die die Prüflaboratorien vor 15 Jahren beschäftigten, als deren Markt sich zu konsolidieren begann.
Ein zukünftiges gemeinsames Handeln beider Branchen erscheint demnach naheliegend. Der Deutsche Verband Unabhängiger Prüflaboratorien (VUP) könne diese Funktion mit seinen Erfahrungen im Bereich der Prüflaboratorien durchaus übernehmen, urteilten die Kalibrierlaboratorien in der Gründungsversammlung einstimmig.
Der Schwerpunkt der Tätigkeit des VUP lag bisher nicht im Markt der Kalibrierlaboratorien, gestand Sven Deeg, Geschäftsführer des VUP ein. So waren die überwiegende Mehrheit der in der Gründungsversammlung vertretenen Unternehmen auch keine Verbandsmitglieder. Mehrer Teilnehmer gaben diesbezüglich zu bedenken: "Der VUP werde in seinem zukünftigen Handeln für die Kalibrierlaboratorien um so mehr als Interessenvertretung akzeptiert, je größer die Zahl der Unternehmen dieses Marktes ist, die dem Verband als Mitglieder angehören !" Ein spontanes Stimmungsbild brachte daraufhin zum Ausdruck, dass alle anwesenden Unternehmer eine VUP-Mitgliedschaft anstreben wollen.
Erste Themen und Strategien der zukünftigen Lobbyarbeit
Aber nicht nur diese organisatorische Frage beschäftigten die aus allen Teilen der Bundesrepublik angereisten Unternehmer. "Wir sollten keine Zeit verlieren und die aktuellen Themen möglichst schnell aufgreifen", mit diesen Worten forderte Deeg dazu auf, Erwartungen an die zukünftige Lobbyarbeit durch den VUP zu formulieren. Drei Themenbereiche wurden daraufhin benannt und hierzu erste notwendige Schritte und Strategien beschlossen:
1. Wirtschaftliche / Markt-Gesichtspunkte
Auch im Markt der Kalibrierlaboratorien gibt es staatliche Einrichtungen, die alleine oder im Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Unternehmen Kalibrierdienstleistungen anbieten. Zur konsequenten Privatisierung dieser Leistungen liegt ein schriftliches Statement des Bundeswirtschaftministeriums (BMWi) vor. Darauf bezugnehmend will der VUP das Thema "Markterweiterung in gesetzlich geregelten Bereichen" zunächst in einem Sondierungsgespräch auf Referentenebene des BMWi aufgreifen.
2. Aspekte des Qualitätsmanagements (Akkreditierung)
Das als zu langwierig und bürokratisch empfundene Vorgehen der neuen Akkreditierungsstelle, besonders aber die deutliche Verteuerung der Akkreditierung beschäftigen auch die Kalibrierstellen. Hier will man sich der beschlossenen Strategie des VUP anschließen (VUP-Info
10.079). Auch wird der Verband für alle interessierten Mitglieder im Januar 2011 ein round-table-Gespräch mit dem für die Privatwirtschaft zuständigen Geschäftsführer der DAkkS, Dr. Thomas Facklam, anbieten. Den Unternehmen wird damit die Möglichkeit geboten, kritische Punkte anzusprechen und offene Fragen zu klären.
3. Förderung des Qualitätsbewusstseins der KundenQualität muss dem Kunden bewusst sein, um Unterschiede in den Leistungen aber auch in Preisen beurteilen zu können. Hier entsprechende Aufklärung zu leisten, wird als eine wichtige Verbandsaufgabe gesehen, um faire und vergleichbare Bedingungen auf dem Markt zu fördern. Dieses Thema soll in der nächsten Zusammenkunft des Unternehmerkreises aufgegriffen werden.
Mit dem Ziel einer effizienten Interessenvertretung für die Kalibrierlaboratorien beabsichtigt der VUP zukünftig auch in diesem Marktsegment die wichtige Funktion einer Meinungsbildung innerhalb der privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren. Dies sei die wesentliche Grundlage für eine effiziente Arbeit der VUP-Vertreter in externen Gremien, zum Beispiel der DAkkS oder des Akkreditierungsbeirates beim BMWi, ergänzt der Geschäftsführer dieses Unternehmerverbandes das Aufgabenfeld.
Als vorläufiger Vorsitzender des Unternehmerkreises "Kalibrierlaboratorien im VUP" wurde einstimmig Jürgen Hinn, testo industrial services GmbH (Essen) gewählt. Wolfgang Kopp (KDK Kalibrierdienst Kopp GmbH, Wiesloch), Herbert Kirchner (Ludwig Schneider GmbH & Co KG, Wertheim/Main), Randolf Rath (Werkstoffprüfung Brück e.K., Burbach) und Frank Weidert (Agilent Technologies Sales & Services GmbH & Co KG, Böblingen) erklärten sich ebenfalls bereit, Funktionen für den Unternehmerkreises innerhalb des VUP zu übernehmen.