LFGB-Meldepflicht im Widerspruch zur EU-Basisverordnung ?
Ergebnisse der Sitzung des VUP-Unternehmerkreises Verbraucherschutz am 14.07.2011 in Gießen
Steht die mit der Änderung des Lebensmittel-Futtermittel-Gesetzbuchs (LFGB) in Deutschland eingeführte Meldepflicht für Laboratorien im Widerspruch zur EU-Verordnung 178/2002 ? Wie sollen die Laboratorien die in Kürze inkrafttretende Meldepflicht praktizieren, ohne gegen rechtliche Vorgaben zu verstoßen ? Mit diesen Fragen beschäftigte sich eine Sondersitzung des für "Verbraucherschutz" zuständigen Gremiums des Deutschen Verbandes Unabhängiger Prüflaboratorien (VUP) am 14.07.2011 in Gießen. Die große Zahl der aus ganz Deutschland zu dieser Zusammenkunft angereisten Geschäftsführungen der Lebensmittellaboratorien, die
Dr. Heinrich Ruholl als amtierender Vorsitzender des VUP-Präsidiums begrüßen konnte, zeigt die Brisanz der Problematik für die Branche.
Gastreferent der Veranstaltung war der Lebensmittelrechtler
Prof. Dr. Moritz Hagenmeyer (
Kanzlei KROHN, Hamburg), der die rechtlichen Aspekte des ergänzten § 44 des LFGB (Abs. 4a und 5a, Meldepflicht der Laboratorien) besonders auch vor dem Hintergrund der, der deutschen Gesetzgebung übergeordneten, EU-Verordnung zu den "Grundsätzen und Anforderungen des Lebensmittelrechts" (Verordnung (EG) 178/2001) erläuterte. "Besonders der Artikel 17 veranlasst zum Nachdenken, ob die Meldung der im Gesetz vorgesehenen Analyseergebnisse ohne Auftrag des Lebensmittel-/Futtermittelunternehmens überhaupt zulässig sei", so der auf Lebensmittelrecht spezialisierte Hochschullehrer und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz.
Intensiv berieten die Teilnehmer der Veranstaltung daher, wie die Meldepflicht nun zu praktizieren sei. Die kurzen Vorgabe der Absätze 4a und 5a (§ 44 LFGB) ließen leider viele und wesentliche Fragen offen. Auch ist eine erklärende Rechtsverordnung seitens des Bundesministeriums für Verbraucherschutz (BMELV) nicht zu erwarten, zitierte VUP-Geschäftsführer
Sven Deeg aus einem Schreiben der Rechtsreferates des BMELV an den VUP.
Zunächst kurzfristig 3 Maßnahmen zur Unterstützung der Laboratorien:
Fazit der Rechtsberatung des VUP: Über das Melden müsse stets im Einzelfall entschieden werden. Eine standardisierte Handhabungsrichtlinie ("Verbandsempfehlung") sei somit nicht zielführend. Vielmehr müsse das Labor jede einzelne Entscheidung fachlich, aber auch rechtlich, begründen können. Daher hat der VUP eine Interpretation der gegenwärtigen Rechtslage in Auftrag geben und wird mit der Bereitstellung dieser "Argumentationshilfe" seine Mitglieder unterstützen. Hier soll die neuen gesetzlichen Regelungen besonders auch vor dem Hintergrund der EU-Basisregelung interpretieren und bewerten werden.
Bereits wenige Tage zuvor hatte der Verband die
Kanzlei Krell-Weyland-Grube (RA
Dr. Markus Grube, Gummersbach) um eine rechtliche Bewertung zur Meldepflicht der Laboratorien gebeten. Beide Auskünfte (Grube / Hagenmeyer) zum Fragenkatalog des VUP wurden in einer Gegenüberstellung zusammengefasst, die von interessierten Mitgliedern des Verbandes ab sofort bezogen werden kann (
eMail).
Ebenso ist das Protokoll der Sitzung über die VUP-Geschäftsstelle (Anforderung per
eMail) erhältlich.
Sorge bereitet den Lebensmittellaboratorien auch, dass unterschiedliche Auslegungen des Gesetzes zu Wettbewerbsbeeinflussung führen könnten. Schon vor wenigen Wochen hätten namhafte Großkunden bei zahlreichen Laboratorien um deren Position zur Meldepflicht angefragt und daraufhin die Antworten der Wettbewerber verglichen. Hier greift der VUP eine Anregung auf und wird die Stellungnahmen seiner Mitglieder zu diesen Kundenanfragen zusammentragen und in anonymisierter Form den beteiligten Unternehmen zur Verfügung stellen.
Ein Stimmungsbild unter der Teilnehmern zeigte, dass eine knappe Mehrheit sich nicht abgeneigt zeigt, das Gesetz im Klageweg zu überprüfen. Hagenmeyer bewertete die Prozessaussichten spontan als ungünstig („33 %“). Diese Bewertung bedürfte aber einer genaueren Prüfung. Eine Klage hätte auch keinesfalls aufschiebende Wirkung. Selbst bei einer Bestätigung der Bedenken des Verbandes, würde das Gesetz nicht gänzlich außer Kraft gesetzt, i.R. würden daraus lediglich Nachbesserungen resultieren.
Der Deutsche Verband Unabhängiger Prüflaboratorien (VUP) repräsentiert u.a. die in Deutschland niedergelassenen privatwirtschaftlichen Lebensmittel-/Futtermittellaboratorien. Rund 95 % der
Unternehmen dieses Branchensegments gehören dem Verband an. Der VUP hatte sich nicht generell gegen die vorgesehene Meldepflicht ausgesprochen, das Gesetz aber in dieser Form abgelehnt. Der Verband sieht die zukünftig vorgesehenen Regelungen zur Umsetzung durch die Laboratorien und deren Auftraggeber als unausgereift, weil nicht eindeutig, und bewertet diese somit als nicht zielführend. Er befürchtet als Auswirkung einen deutlichen Rückschritt im Verbraucherschutz (u.a. VUP-Info
11.065).