Mehr wirtschaftspolitische Sensibilität gefragt !
VUP entsetzt über Umweltdatenbank des DIHT im Internet
Gießen, 14.06.00 (VUP). Der Deutsche Industrie und Handelstag (DIHT) als Dachorganisation der Kammern wirbt für seine umfangreiche Internet-Datenbank "Marktübersicht zum Bereich Umweltschutz". Insbesondere mittelständischen Unternehmen gäbe die IHK damit ein nützliches Instrument einer zukunftsorientierten Vermarktungshilfe an die Hand", heißt es hierzu in einer Meldung des DIHT.
Ohne Zweifel könne eine derartige Übersicht eine wichtige Lücke schließen und der Privatwirtschaft von großem Nutzen sein, bewertet der Deutsche Verband Unabhängiger Prüflaboratorien (VUP) dieses Projekt. Mit dieser Euphorie habe man sich probeweise unter dem Stichwort "Analytik / Messungen" Anbieter von Labordienstleistungen online heraussuchen lassen.
"Entsetzt mussten wir feststellen, dass subventionierte Einrichtungen der öffentlichen Hand oder gemeinnützige Vereine ebenso uneingeschränkt auf dieser Plattform des DIHT Umweltdienstleistungen anbieten können, wie die privatwirtschaftlichen Unternehmen, die diese Einrichtungen mit ihren Steuern und die Kammern mit ihren Beiträgen finanzieren", berichtet Sven Deeg, Hauptgeschäftsführer des VUP. Und dieses erfolge auch noch auf gemeinsamen Listen in einem unmittelbaren Nebeneinander.
Dass die DIHT-Datenbank zudem von (Fach-) Hochschulinstituten dazu missbraucht würde, mit Selbstdarstellungen für Aufträge im Bereich Routinedienstleistungen werben und in Erwartung eines möglichen Wettbewerbsvorteils gegenüber der Privatwirtschaft ungeniert die high-tech Ausrüstung und qualifiziertes Personal der Hochschule herauszustellen, bezeichnet der VUP als provozierende Dreistigkeit. Peinlichst verschwiegen werde dabei die nahezu allen staatlichen Laboreinrichtungen immer noch fehlende Akkreditierung eines Qualitätsmanagementsystems (z.B. nach DIN EN 45.001), wie sie heute in der Branche von Auftraggebern gefordert und bei privaten Anbietern in Deutschland mittlerweile Standart ist.
Die hier praktizierte Marktbeeinflussung bewertet nicht nur der VUP als unlauter: "Als Landeskartellbehörde teile ich die Bedenken gegen das geschilderte Verhalten. Institutsangehörige, die im geschäftlichen Verkehr am Wettbewerb teilnehmen, müssen das Wettbewerbsrecht gegen sich gelten lassen. Das gilt auch für die Institute selbst. ... Die Unlauterkeit liegt in den vorliegenden Fällen darin, dass öffentliche Mittel entgegen ihrer Zweckbestimmung dazu verwendet werden, die Preise der Gewerbetreibenden zu unterbieten, die diese Mittel durch ihre Steuern aufgebracht haben, und dass damit die Verlustgefahr des Betriebes auf die Steuerzahler abgewälzt wird", so die Kartellbehörde NRW zu diesem Thema.
Um Missverständnissen vorzubeugen weist der VUP darauf hin: "Als high-tech Branche mit qualifiziertem Personal leben auch unsere Unternehmen vom Transfer der Forschungs- und Lehreinrichtungen. Diese Leistungen erkennen wir an ! Es kann jedoch nicht Aufgabe staatlicher Institute sein, in wirtschaftlichen Betätigungen mit den privaten Unternehmen in Konkurrenz zu treten und diese damit zu schwächen oder gar zu verdrängen." Privaten Laboratorien, die im Schwerpunkt auf den Umweltmarkt ausgerichtet sind, sei es durch derartige Praktiken heute nicht mehr möglich, in Deutschland im regionalen Umfeld von Hochschulen oder ähnlichen Einrichtungen zu existieren.
Nun sei dieses nicht der erste Fall mangelnder Sensibilität der Kammern in diesem Bereich. Schon Mitte der 90er Jahre habe man diesen mehrfach vorgeschlagen, in ihren Verzeichnissen oder Dateien die Leistungen der staatlichen Forschungseinrichtungen ausschließlich in einer gesonderten Rubrik "Forschung & Entwicklung" zu würdigen und diese nicht als Konkurrenten der Privatwirtschaft aufzuführen. Offensichtlich vergebens !